Das Thema Lockerheit am Arbeitsplatz ist ein schwieriges. Aus mehreren Gründen:
- Die menschliche Vielfalt
Völlig unabhängig von Branche, Alter, Beruf, Bildung, Region oder Geschlecht sind die menschlichen Charaktere vielfältig und breit gestreut. Ein kontaktfreudiges, fröhliches und lustiges Auftreten kann auf einige Menschen öffnend und erfrischend wirken, auf andere wirkt es anmaßend, nervig oder gar bedrohlich. Das ist keine Frage der Einstellung, sondern eine Frage des menschlichen Typs. Für Dich heißt das: In derselben Weise, in der Deine Lockerheit Menschen für sich gewinnt, stößt sie andere ab. Man kann es zwar nicht allen recht machen, aber man könnte es wenigstens versuchen ? auch im Sinne einer friedlichen und respektvollen Zusammenarbeit. Damit kommen wir zum Punkt 2.
- Betriebliche Abläufe
Im Beruf kommen Menschen zusammen, die miteinander ARBEITEN wollen bzw. sollen. Nicht jeder hat dabei dieselbe Einstellung zum richtigen und angemessenen Umgang miteinander. Es haben sich deshalb bestimmte Verhaltensweisen eingeübt. Natürlich ist innerhalb eines Betriebs auch Raum für Spaß und Freude. Humor und Lockerheit können aber die betrieblichen Abläufe stören, indem sie für ein Grundrauschen in den Kommunikationskanälen sorgen, zweideutige Botschaften verursachen, dringende Vorgänge verzögern, die Ernsthaftigkeit des Arbeitens vermissen lassen. Der Abstrahleffekt eines solchen Verhaltens ist hoch. Spätestens im externen Kunden-/Lieferantenkontakt ein tabu. Betriebliche Interessen haben Vorrang. Durch Kleidung, Sprache, Auftreten etc. signalisiert man, ob man diesen Vorrang akzeptiert. Dein Ruf im Unternehmen ist stark von diesen Signalen geprägt. Der ?Kollege aus der Nachbarabteilung, der immer so viel Quatsch während der Arbeitszeit macht?, steht nicht hoch im Kurs. Damit kommen wir zum Punkt 3.
- Deine berufliche Karriere
In einer Führungsrolle hättest Du mit diesem Auftreten keine Chance. Weil Du die nötige Distanz zum Privatleben Deiner Kollegen vermissen lässt. Weil Du die betrieblichen Abläufe nicht ernst nimmst. Weil Du mit lustigen Kollegen enger zusammen arbeitest als mit sachlichen. Damit will ich nicht sagen, dass das alles wirklich stimmt ? Du strahlst es aber aus. Und schon damit beschädigst Du Deine Rolle als Führungskraft enorm.
- Respekt vor den Kollegen
Für dich als jungen Menschen mag das ganze noch eine ?Spaßveranstaltung? sein. Es gibt aber Menschen, die in einer ganz anderen Lebens- und Arbeitsphase sind und die deshalb im Beruf eine professionelle, sachliche und distanzierte Arbeitsweise bevorzugen. Wer zu Hause drei Kinder erzieht oder z.B. Ehekrach hat, der mag im Job einfach seine Ruhe vor zu viel privatem Geplappere haben wollen. Du weißt nicht, mit welchen Emotionen jemand morgens zur Arbeit fährt und an seinen Schreibtisch kommt. Welchen persönlichen Druck der einzelne bei seiner Arbeit spürt. Wie ?lustig? der Beruf für ihn ist. Es gibt auch Menschen, die das ganze Berufsleben temporär oder dauerhaft einfach nur ?ankotzt?. Denen kommt ein gut gelaunter, lustiger Jungspund gerade recht. Respekt vor den Kollegen hat viel mit einer angemessenen Distanz zu ihren persönlichen / privaten Belangen zu tun.
Ich selbst war in den ersten Berufsmonaten auch sehr humorlastig und unernst unterwegs. Man bekommt früher oder später von seinen Führungskräften zurückgemeldet, dass man damit keinen guten Weg eingeschlagen hat. Mit der Zeit merkt man auch, warum: Man wird nicht mehr ernst genommen und gerät in Situationen, in denen man anderen Kollegen damit zu nahe tritt. Man hat Nachteile dadurch, im Außenauftritt sowieso. Mit der Zeit und zunehmender Eigenverantwortung im Unternehmen wird man selbst auch ruhiger, ernsthafter, zielorientierter. Irgendwann kommt die Phase, in der man eine höhere Arbeitseffizienz erreichen will, um mehr oder weniger pünktlich fertig zu sein. Irgendwann erlebt man selbst neue Spaßkollegen und fragt sich, ob man selbst wirklich auch mal so war.
In Summe möchte ich Dir mit auf den Weg geben: Sei dir dessen bewusst, dass Du mit einem lockeren und humorvollen Umgang nicht nur Menschen für dich gewinnst, sondern auch welche gegen dich aufbringst. Dass die Firma keine private Spaßveranstaltung ist. Dass nicht alle Menschen komisch finden, was Du komisch findest. Dass Du damit bei vielen als ?nicht bei der Sache? und unprofessionell auffällst. Dass Du spätestens mit mehr Verantwortung diese Rolle nicht mehr so spielen kannst ? und dann auch vielleicht längst nicht mehr willst.
Das hat alles nichts mit ?man selbst bleiben? zu tun. Sondern damit, ob man im Berufsleben die Disziplin besitzt, sich an gewisse Regeln zu halten. Im Straßenverkehr bist Du ja auch ?Du selbst? und fährst trotzdem nicht gegen die Einbahnstraße.
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